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Die Verbindung von aufklärerischer Vernunft und Wissenschaft

Neukantianismus und Naturwissenschaft

„Die neuzeitlichen Wissenschaften sind aus dem Wissen um die perspektivische Gebrochenheit des menschlichen Wissens enstanden. Sie sind aus dem Wissen heraus entstanden, daß es stets mehrere mögliche Festlegungen ein und desselben Problems gibt. Deshalb ist die Verfahrensweise der neuzeitlichen Wissenschaften experimentierend, hypothetisch und spekulativ.“

Kurt Walter Zeidler, in: Prolegomena zur Wissenschaftstheorie, Königshausen & Neumann, Würzburg 2000, S. 121.

„Denn die erkenntnistheoretische Besinnung führt uns überall zu der Einsicht, daß dasjenige, was die verschiedenen Wissenschaften den ,Gegenstand nennen, kein ein für allemal Feststehendes, an sich Gegebenes ist, sondern daß es durch den jeweiligen Gesichtspunkt der Erkenntnis erst bestimmt wird. Je nach dem Wechsel dieses ideellen Gesichtspunktes entstehen für das Denken verschiedene Klassen und verschiedene Systeme von Objekten … Was immer diese Gegenständlichkeit bedeuten mag, in keinem Falle kann sie mit dem zusammenfallen, was die naive Weltansicht als die Wirklichkeit ihrer Dinge, als die Wirklichkeit der sinnlichen Wahrnehmungsobjekte anzusehen pflegt. Denn von dieser Wirklichkeit sind die Objekte, von denen die wissenschaftliche Physik handelt, und für die sie ihre Gesetze aufstellt, schon durch ihre Grundform geschieden.“

Ernst Cassirer, Zur modernen Physik (1921), Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1987, S. 9.

„Damit ist gemeint, dass auch die Physiker die Beweggründe ihrer Sätze und Theoreme weder vereinzelten Tatsachen noch bloßen Begriffen entnehmen, sondern daß sie ihre Experimente vielmehr planmäßig anstellen, indem sie von gewissen Prinzipien und Gesetzmäßigkeiten ausgehen, die sie vorab, also vor aller besonderen Erfahrung zugrunde legen und auf diese Weise mit den Prinzipien in der einen und dem Experiment in der anderen Hand an die Natur herangehen. Daraus geht hervor, daß die Erkenntnisse, die durch dieses Verfahren gewonnen werden, von diesen Prinzipien und Gesetzen entscheidend abhängen und die ‚Vernunft nur das einsieht, was sie selbst nach ihrem Entwurfe hervorbringt (Kant, KrV, B XIII).‘ Wenn man nach dem Gemeinsamen in beiden Verfahrensweisen fragt, also nach dem, was die >Revolution der Denkart< in beiden Disziplinen auszeichnet, wird man zu der Einsicht geführt, daß beide Wissenschaften allgemeine Prinzipien voraussetzen (die Mathematik Konstruktionsprinzipien, die Naturwissenschaften: allgemeine Gesetze) die nicht von den Gegenständen dieser Disziplinen ‚abgelernt‘ werden können, sondern die aus dem Vernunftvermögen selbst stammen.“

Karl-Norbert Ihmig, Cassirers Invariantentheorie der Erfahrung und seine Rezeption des >Erlanger Programms<, Meiner Verlag, Hamburg 1997, S. 138f.

„Durch eine ,Revolution der Denkart‘ von demjenigen hervorgerufen, welcher den gleichschenkeligen Triangel demonstrierte; ,denn er fand, dass er nicht dem, was er in der Figur sahe, oder auch dem blossen Begriffe nachspüren und gleichsam davon ihre Eigenschaften ablernen, sondern durch das, was er nach Begriffen selbst a priori hineindachte und darstellte (durch Construction), hervorbringen müsse; und dass er, um sicher Etwas a priori zu wissen, der Sache Nichts beilegen müsse, als was aus dem nothwendig folgte, was er seinem Begriffe gemäß selbst in sie gelegt hat.‘ Auch die Naturwissenschaft ist durch eine ähnliche Revolution der Denkart in den sicheren Gang einer Wissenschaft gebracht worden: durch die Einführung des Experimentes ging den Naturforschern ein Licht auf. ,Sie begriffen, dass die Vernunft nur das einsieht, was sie selbst nach ihrem Entwurfe hervorbringt.‘ Und so stellt sich heraus, dass diejenige Wissenschaft, welche sich am lautesten auf die Erfahrung beruft, dieselbe in Wahrheit erst selbst hervorbringt, und dass sie nur durch diese Hervorbringung der Erfahrung nach ihrem Entwurfe zu allgemeinen und nothwendigen Erkenntnissen gelangen konnte.“

Hermann Cohen, Kants Theorie der Erfahrung, F. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin 1885, S. 100f.

"Kant does not consider the possibility of construing a mathematical geometry as a system of 'uninterpreted' axioms. He does not have a conception of geometry except as a theory about real or imagined space. (...) At the same time, it is precisely as a theory about real space that the positivists locate their main disagreement with Kant. For, on their view, the recent history of physics has decisively refuted Kant's claim that Euclidean geometry is a priori. Kant wants to say that Euclidean geometry is a priori not only in the sense that it describes a set of possible worlds, but that it is the geometry that describes the set of 'really possible' worlds, that is, worlds that we are capable of experiencing, and a fortiori the actual world. (...) The only guarantee of 'real possibility' in the case of pure concepts such as those of a mathematical geometry is an a priori 'construction'; and the only concepts capable of being 'constructed' are those of Euclidean geometry. We call this the 'existence problem', understanding 'existence' in the epistemological way, as 'real possibility'. The doctrine of a priori intuitions is intended as a solution to this problem."

Gordon G. Brittan, Kant's Theory of Science, Princeton University Press 1978, p. 81f.

„Die Berührung mit der Welt der Anschauung treibt das Denken nicht schlechthin über sich selbst hinaus, sondern führt es vielmehr dazu, tiefer in sich selbst, in seinen eigenen ,Grund‘ zurückzugehen. Und aus diesem Fundament heraus entwickelt es nun die neuen Formen, die dem komplexen Gefüge des anschaulichen Seins gerecht werden können. Die Geschichte der exakten Naturwissenschaften lehrt an immer neuen Beispiele, wie nur das, was in dieser Weise aus dem Grund des Denkens erwächst, sich letzten Endes der Erfahrung gewachsen zeigt.“

Ernst Cassirer, Die Philosophie der symbolischen Formen, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, Darmstadt 1982, Band III, S. 486.

„Gemäß Cassirer bezeichnet das Kausalitätsprinzip die allgemeine Forderung, dass es möglich sein muss, physikalische Phänomene über formalisierbare Beziehungen (mathematische Funktionen) zu beschreiben. Es geht also nicht um eine konkrete inhaltliche Deutung von dem, was eine Ursache ausmacht oder wie sie wirkt. Stattdessen handelt es sich um eine methodische Forderung im Sinne einer allgemeinen Rahmenbedingung, die die physikalische Theoriebildung regelt bzw. überhaupt erst ermöglicht. Damit bildet Cassirers Kausalitätsprinzip den allgemeineren Hintergrund des Theoriewahlkriteriums, das oben unter dem Titel >Einheit der Erfahrung< diskutiert wurde. Es sind Erfahrungsurteile, die in der Physik gefällt werden und die sich zu einem Netz von Erkenntnissen verbinden.“

Norman Sieroka, Philosophie der Physik, C.H. Beck Verlag, München 2023, S. 88f.

„Alle Messungen - so wendet Poincaré mit Recht ein - betreffen niemals den Raum selbst, sondern immer nur das empirisch-Gegebene, das Physische im Raume. Kein Experiment kann uns daher etwas über die idealen Gebilde, über die Geraden und Kreise lehren, die die reine Geometrie zu Grunde legt: was es uns gibt, ist immer nur die Kenntnis von den Verhältnissen materieller Dinge und Vorgänge. Die Sätze der Geometrie sind daher durch Erfahrung weder zu bestätigen noch zu widerlegen. Keine Erfahrung wird jemals mit dem Postulat Euklids in Widerspruch treten: aber andererseits wird auch keine Erfahrung jemals mit dem Postulat Lobatschewskys in Widerspruch treten.

Ernst Cassirer, Zur modernen Physik (1921), Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, Darmstadt 1987, S. 91.

„Platon fragte: was ist Wissenschaft? indem er als diese Wissenschaft die erst bei den Griechen zur Wissenschaft gewordene Mathematik erkannte. Die Mathematik war die Wissenschaft, mit der er die Philosophie in Verbindung brachte; zu der er sie in Verhältnis setzte. Und dabei und dadurch begründete er die Logik, zuvörderst als die Logik der Mathematik. Von der Mathematik aus suchte er sodann einen Weg zur Physik und erweiterte demgemäß den Begriff der Logik. (...) In der Erörterung dieser Frage erfand er den fundamentalen Terminus seiner Philosophie, der das Grundwort der philosophierenden Menschheit geworden ist: die Idee. Und als die Hauptklasse derselben faßte er die mathematischen Ideen, das ,Mathematische‘ ... zusammen.“

Hermann Cohen, Einleitung mit kritischem Nachtrag zur neunten Auflage der Geschichte des Materialismus von Friedrich Albert Lange, Leipzig, 1914, S. 15f. 

„Daher ist es vor allem unter den rationalen Wissenschaften die Mathematik, welche seit Platon als Leitstern für die Erkenntnistheorie gegolten hat. Denn bei ihr ist es ganz klar, daß ihre Gegenstände nicht als solche vom Bewußtsein übernommen und überkommen, sondern vielmehr eigens und von innen her erzeugt sind. Das gilt von den Zahlen, in derselben Weise wie von den Raumformen. Möge die Erfahrung noch so sehr den Anlaß bilden, so sind doch diese Begriffe selbst niemals Gegenstände der Erfahrung; und so hat schon nach der naiven Weltansicht die mathematische Einsicht gar nicht die Aufgabe, irgend eine bestehende Realität in dem gewöhnlichen Sinne des Wortes wiederzugeben, zu erfassen oder abzubilden.

Wilhelm Windelband, Einleitung in die Philosophie, § 12, Tübingen 1920, S. 237.

„Soll nun diese Anwendung des Rechnens auf qualitativ verschiedenartige Inhalte stattfinden, (...) so muß man die Verknüpfung beider und die Anbhängigkeit des einen vom andern, welche sich eben gar nicht begründen lassen, als faktisch voraussetzen und kann nichts weiter thun, als nach dem allgemeinen Gesetz, welches für diese Abhängigkeit gilt, zu jedem gegebenen Wert des einen Merkmals den zugehörigen des anderen berechnen. Dies geschieht in der Form der Proportion: e : E = t : T. Die Proportion führt nicht den Inhalt des einen Merkmals auf den qualitativ verschiedenen des anderen zurück, sondern läßt beide sein, was sie sind. (...) Sie vergleicht eigentlich nur die Anzahl der Veränderungseinheiten, welche beide Merkmale (...) durchlaufen, und bestimmt aus der gegebenen Anzahl für das eine Merkmal die entsprechende für das andere. Es versteht sich von selbst, daß auf dieser Schlußweise fast alle Anwendung der Mathematik auf das Reale beruht, daß ferner Proportionen genau nur möglich sind, wo die Merkmale des Realen quantitativ bestimmbar sind, daß sie aber in Bezug auf andre Objekte des Denkens in ungenaue Gleichnisse übergehen. (...) Ist E die Ausdehnung, und T die Temperatur, so führt jener Ausdruck auf die Vorstellung, als gäbe es zwei Merkmale, die schlechthin und ohne Rücksicht auf das Subjekt, an dem sie vorkämen, in einem unveränderlichen Verhältnis zueinander ständen. (...) Auch beruht ja überhaupt die Notwendigkeit, daß ein Merkmal auf das andre einen Einfluß übe, nur darauf, daß sie Merkmale eines und desselben Subjekts sind. (...) Einen formellen Ausdruck für diese logische Forderung hat annähernd ebenfalls die Mathematik, und zwar die analytische Geometrie, in den Geichungen z. B. der Kurven gefunden, in denen sie durch eine Proportion zwischen den korrespondierenden Zunahmen der Abszissen und Ordinaten die ganze Natur einer krummen Linie, ihre Gestalt und Richtung bestimmt.“

Hermann Lotze, Grundzüge der Logik und Enzyklopädie der Philosophie, Hirzel Verlag, Leipzig 1885, S. 55f. 

„Schon oft hat man gesagt, die Logik werde das höchste, was sie zu leisten vermag, dann erreichen, wenn sie sich von vorneherein zur Aufgabe macht, in einer Theorie der Wissenschaft zu gipfeln. Damit braucht nicht gesagt zu sein, daß sie es nur mit der Wissenschaft zu tun hat. Wissenschaften sind immer schon recht komplizierte logische Gebilde und liegen außerdem faktisch stets in einer Mannigfaltigkeit vor. Die Logik muß auch, ja vor allem das allen Wissenschaften Geimeinsame feststellen, und sie hat sich dabei zuerst den elementaren Gebilden zuzuwenden, die in ihrer Schlichtheit und Einfachheit in einer Wissenschaft vielleicht gar nicht ,rein‘, d. h. ohne Vermischung mit anderen Bestandteilen, anzutreffen sind. Richtig bleibt trotzdem, daß die Logik ihre Arbeit stets an dem Ziel orientieren muß, schließlich das Wesen der Wissenschaft als der vollendetsten Realisierung der Erkenntnis in der Sinnenwelt zu begreifen.

Heinrich Rickert, Die Logik des Prädikats und das Problem der Ontologie (1930) in: Rainer A. Bast (Hrsg.), Heinrich Rickert, Sämtliche Werke, De Gruyter Verlag, Berlin/Boston 2020, S. 257.

„Die Chemie ist zur >exakten< Wissenschaft nicht nur durch die ständige Verfeinerung ihrer Maßmethoden geworden, sondern vor allem auch durch die Verschärfung dieses ihres gedanklichen Instruments, durch den Weg, den sie von der einfachen chemischen Formel bis zur Strukturformel durchmessen hat. Ganz allgemein besteht der wissenschaftliche Wert einer Formel nicht nur darin, daß sie gegebene empirische Tatbestände zusammenfaßt, sondern daß sie neue Tatbestände gewissermaßen hervorlockt. Sie stellt Probleme von Zusammenhängen, von Verknüpfungen und Reihenbildungen auf, die der unmittelbaren Beobachtung vorauseilen. So wird sie zu einem der hervorragendsten Mittel dessen, was Leibniz die ,Logik der Entdeckung‘, die logica inventionis genannt hat.“

Ernst Cassirer, Die Philosophie der symbolischen Formen, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, Darmstadt 1982, Band III, S. 515.

„Für die logische Legitimation des Differentialbegriffs habe ich den Grundbegriff der Realität ausgezeichnet. (...) Die Überwindung der Schwierigkeiten gelingt, wie sie auf dem Boden der Mathematik überhaupt nur gelingen kann. Das letzte Remedium, das äußerste Machtmittel ist dort die Definition. Die Axiome, die Prinzipien..., sie gehen letztlich alle auf die Instanz der Definition zurück. Die Definition aber ist das unmittelbare, das unbestreitbare Zeugnis und Erzeugnis des souveränen Denkens. Das Denken ist es, welches der Anspruch zu bezeichnen und kraft der Bezeichnung zu begründen hat, den man in der verborgenen Masse, Bewegung und Kraft erhebt. (...) Helfen und zureichend helfen kann hier nur das Selbstbewußtsein des Denkens: daß es allein zuständig sei, das Seiende zu bestimmen, und als Seiendes zu beglaubigen. Von den vielen Ausdrücken, mit denen allein schon im Felde der Logik das Seiende benannt wird, ist der der Realität dadurch unterschieden, daß er auf die Selbständigkeit des Seienden hinzielt, während sowohl die Substanz, wie vollends die Wirklichkeit nicht nur eine Beziehung zu einem anderen Begriffe einschließen, sondern in solcher Relationsbestimmung ihre eigene Kraft und Bedeutung haben. (...) Eine solche Selbständigkeit des Seienden wird allein legitimiert durch den Begriff des Ursprungs. Wenn irgend ein Begriff der logischen Charakteristik bedarf, und sie herausfordert, so ist es der des Ursprungs. Denn wie könnte die Identität mich interessieren bei einem Denkerzeugnis, wenn nicht vorher der Ursprung desselben mir aufgedeckt und die reine Ableitung aus dem Ursprung gesichert wäre?

Hermann Cohen, Einleitung mit kritischem Nachtrag zur neunten Auflage der Geschichte des Materialismus von Friedrich Albert Lange, in: Hermann Cohen Werke 5, Georg Olms Verlag, Hildesheim Zürich New York 1984, S. 88f.

„In diesem Sinne will die kritische Erfahrungslehre in der Tat gleichsam die allgemeine Invariantentheorie der Erfahrung bilden... Das Verfahren der ,Transzendentalphilosophie‘ kann an diesem Punkte dem der Geometrie unmittelbar gegenübergestellt werden: wie der Geometer an einer bestimmten Figur die Beziehungen heraushebt ..., so werden hier diejenigen universellen Formelemente zu ermitteln gesucht, die sich in allem Wechsel der besonderen materialen Erfahrungsinhalte erhalten.“

Ernst Cassirer, Substanzbegriff und Funktionsbegriff, Berlin 1910, S. 356.

„Die so gewonnene ‚Erkenntnis‘ ist also nach der Auswahl, die unter den Tatsachen getroffen wird, und nach der Beziehung, die zwischen ihnen gesucht wird, eine Konstruktion der Vernunft, die ihre eigene logische (und mathematische) Gesetzmäßigkeit in den Tatsachen entdeckt und daraus herauspräpariert hat. Die ‚Natur‘ als Objekt der Wissenschaft ist ein Kosmos, dessen Zusammenhang wir nur aus den Formen unserer Vernunft in Anschauungen und Begriffen vorzustellen vermögen: - genau wie Kant gelehrt hat.“

Wilhelm Windelband, Nach hundert Jahren, in: Präludien, Jörn Bohr / Sebastian Luft (Hrsg.) Hamburg 2021, Meiner Verlag, S. 140f.

„Was die eigentliche methodische Begründung der mechanischen Naturanschauung betrifft, so ist sie an die Namen: Descartes, Leibniz und Kant geknüpft. Descartes' ‚Principia philosophiae‘ geben die erste universelle und konsequente Begründung des Mechanismus; (...) Descartes´‚Regulae ad directionem ingenii‘ und sein ‚Discours de la Methode‘ suchen eine streng-universalistische Weltanschauung zu begründen - eine Anschauung, die keineswegs von den Teilen zum Ganzen, sondern vom Ganzen zu den Teilen geht. Die ‚Regulae‘ beginnen damit, die herkömmliche Ansicht zu bekämpfen, die das Wissen zerstückelt und die da glaubt, daß man ein ‚wahres‘ Wissen dadurch erreichen könne, daß man es stückweise aus seinen Teilen zusammensetzt. (...) Es muß daher eine echte Universalwissenschaft eine ‚Mathesis universalis‘ geben, die allen besonderen Wissenszweigen und Wissensrichtungen zugrunde liegt. Von ihr, nicht von den einzelnen Objekten des Wissens müssen wir ausgehen, wenn wir ein sicheres und unerschütterliches Fundament der Erkenntnis gewinnen wollen.“

Ernst Cassirer, Zur modernen Physik (1921), Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1987, S. 305f.

„Auch das Allgemeingültige, zu dessen Einsicht der Geist nur sich selbst bedarf, muß von ihm erst aus der Unermeßlichkeit der Vorstellungen, die sein Bewußtsein wirklich füllen, aufgefunden und gesondert werden. Und nicht einmal dies kann man allgemein erwarten, daß auf dem Wege dieser Besinnung auf sich selbst ihm die einfachsten aller seiner angeborenen Wahrheiten, die höchsten Grundsätze, zuerst zum Bewußtsein kommen; alle thun es ja nur auf Veranlassung eines bestimmten Beispiels oder eines Falles, den Wahrnehmung oder Einbildungskraft dem Geiste vorführen, damit er über ihn Recht spreche; so aber können die Wahrnehmungen beschaffen sein, daß sie nie den reinen Fall darbieten, und daß sie demgemäß auch die Einbildungskraft abhalten, die Vorstellung des reinen Falles auszubilden, über den, sobald er nur dem Bewußtsein gegeben wäre, der Geist unmittelbar mit der in ihm erweckten Ueberzeugung einer allgemeinsten grundsätzlichen Wahrheit urtheilen würde. So kann daher eine sehr schwere Aufgabe der Erkenntniß darin bestehen, uns durch Hinwegräumung aller der Hindernisse, welche die uns aufgedrungene empirische Verknüpfung unserer Vorstellungen entgegenstellt, zu der Einsicht in das Selbstverständliche erst hindurchzuringen.

 Rudolf Hermann Lotze, Logik. Drittes Buch. Vom Erkennen, Hrsg. Gottfried Gabriel, Meiner Verlag, Hamburg 1989, S. 595.

Intuition und Deduktion sind die Grundmittel des Geistes, die der Beginn des Werkes (Descartes' Regulae ad directionem ingenii) als die ersten und unumgänglichen Erfordernisse jedes echten Wissens hinstellt. (...) Alles Wissen muß von dem Einfachen zum Zusammengesetzten, von den Ursachen zu den Wirkungen fortschreiten. Die Erfahrung vermag uns über die Natur eines verwickelten und komplexen Vorgangs niemals vollständig aufzuklären. (...) Was das Licht ist - ob es in Wirklichkeit nur in einer Bewegung besteht oder nicht: das brauchen wir nicht zu fragen; genug daß diese Annahme hinreicht, alle seine tatsächlichen Eigenschaften und alles seine durch Beobachtung feststellbaren Merkmale vollständig abzuleiten. Wir sehen, wie das Verhältnis zwischen Erfahrung und Denken sich schon hier näher bestimmt und geklärt hat. Die Erfahrung ist als Kontrolle jeder wissenschaftlichen Annahme anerkannt.“

Ernst Cassirer, Descartes, in: Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit, Band I, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1995, Darmstadt 1995, S. 471f., zitiert: René Descartes, Regeln zur Ausrichtung der Erkenntniskraft (Regulae ad directionem ingenii), Meiner Verlag, Hamburg 1973.

„Die Welt dadurch zu erkennen, dass man alle Einzelgestaltungen, so wie sie sind, einzeln vorstellt, ist eine für den endlichen Menschengeist prinzipiell unlösbare Aufgabe. (...) Wer also unter Erkenntnis der Welt ein wirkliches Abbild der Welt versteht, der muss auf eine Wissenschaft, die sich der Erkenntnis des Weltganzen annähert, von vorneherein verzichten. (...) Jede einzelne Anschauung nämlich, die wir aus der unendlichen Fülle herausgreifen, bietet uns so einfach wir sie auch wählen mögen, immer noch eine Mannigfaltigkeit dar, und wir werden, wenn wir uns an eine nähere Untersuchung machen, finden, dass diese Mannigfaltigkeit um so grösser wird, je mehr wir uns in sie vertiefen. (...) Wir können ...sagen, dass, wenn es überhaupt eine Erkenntnis der Welt für den endlichen Menschengeist geben soll, sie nur so zustande kommen kann, dass durch sie die extensive und die intensive Mannigfaltigkeit der Dinge irgendwie beseitigt oder überwunden wird. In dieser Überwindung der extensiven und intensiven Mannigfaltigkeit der Dinge zum Zwecke der wissenschaftlichen Erkenntnis der Körperwelt aber sehen wir die Aufgabe des naturwissenschaftlichen Begriffs.

Heinrich Rickert, Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung, Tübingen und Leipzig 1902, S. 34ff.

„Die Gebilde der Geometrie – der Euklidischen sowohl wie der Nicht-Euklidischen – besitzen in der Welt des Daseins nirgends ein unmittelbares Korrelat. Sie existieren so wenig physisch in den Dingen, als sie etwa psychisch in unserer ,Vorstellung‘ existieren, sondern all ihr ,Sein‘, d.h. ihr Geltungs- und Wahrheitswert geht in ihrer ideellen Bedeutung auf. Der Bestand, der ihnen kraft ihrer Definition, kraft eines reinen logischen Setzungsaktes zukommt, ist mit jeder Art empirischer ‚Wirklichkeit‘ prinzipiell unverwechselbar und unvertauschbar. So kann denn auch die Anwendbarkeit, die wir irgendwelchen Sätzen der reinen Geometrie zugestehen, niemals darauf beruhen, daß die Elemente der ideell geometrischen und der empirischen Mannigfaltigkeit in irgendeiner Weise zur unmittelbaren Deckung gebracht werden. An die Stelle einer derartigen sinnlich-anschaulichen Kongruenz muß vielmehr ein komplexer, durchaus vermittelter Relationszusammenhang treten.

Ernst Cassirer, Zur modernen Physik (1921), Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, Darmstadt 1987, S. 94.

„Das Moment der Sachnotwendigkeit war es, das im Begriffe der Kausalität erstmals zu einem exakten Versuch das Naturgesetz zu bestimmen, bei Galilei führte, dessen unvergängliche methodologische Bedeutung am eindrucksvollsten wohl Riehl und Hönigswald zur Darstellung gebracht haben. Man wird Galileis Versuch am präzisesten dahin bezeichnen können, daß Galilei die Naturgesetze als besondere durch empirische Inhalte bestimmte Arten der Kausalbeziehung begriff. (...) Das erhellte wohl am besten aus Galileis eigener Naturauffassung, nach der ihm das Buch der Natur in Zahlen und geometrischen Figuren geschrieben war. Seine Bestimmung des Naturgesetzes wird also von ihm selber dadurch ergänzt, daß er als logische Voraussetzung des Naturgesetzes außer der Kausalität noch das Gebiet des Mathematischen, die Gesetze der mathematischen Relationen erkennt.

Bruno Bauch, Das Naturgesetz, Leipzig / Berlin 1924, S. 17.

"The original Kantian conception of objectivity, in particular, was explicitly intended to undermine such a naively realistic interpretation of scientific knowledge, through its sharp distinction between appearances and things in themselves, and its accompanying insistence that our best knowledge of nature - natural scientific knowledge - extends only to appearances. So the way is similarly open, on our modified Kantian conception, simply to define scientific truth, in a Peircean vein, as whatever the ideal community of inquiry eventually agrees to. Or, in the even more radical, 'logical idealist' tradition of the Marburg School, we might characterize the actual empirical world as that limiting mathematical structure towards which the progress of natural science is in fact converging."

Michael Friedman, Dynamics of Reason, CSLI Publications Stanford 2001, p. 67f.

„Poincaré nimmt eine unabhängig vom erkennenden Subjekt existierende Welt an; diese ist in seiner Terminologie ,die Natur‘. Der menschliche Geist ist nach Poincaré nun aber in seiner Möglichkeit und Fähigkeit, die Dinge so zu erfassen, wie sie wirklich sind, äußerst eingeschränkt. (...) Daß es für Poincaré überhaupt zunächst verschiedene Erklärungsmöglichkeiten gibt, resultiert aus zwei Voraussetzungen, die er macht: (1) Die Annahme der Beschränktheit und Begrenztheit des menschlichen Geistes bezüglich der Erfassung der Natur und (2) die Auffassung, daß unser Verstand a priori über eine gewisse (größere) Anzahl von Lieschen Gruppen verfügt, mit deren Hilfe wir die Phänomene strukturieren, ordnen und klassifizieren können. Jede Gruppe liefert gemäß Poincaré eine andere Klasse von Strukturierungsmöglichkeiten. Wörtlich heißt es dazu: 'We have within us, in a potential form, a certain number of models of groups, and experience merely assists us in discovering which of these models departs least from reality'.“

Corinna Mette, Invariantentheorie als Grundlage des Konventionalismus, Verlag Die blaue Eule, Essen 1986, S. 31f, Zitat: Henri Poincaré, Wissenschaft und Hypothese, 1904.

„Der Grundcharakter der kritischen Philosophie wird durch ihr Verhältnis zu den exakten Wissenschaften bestimmt. Darin zwar, daß sie sich mit den Tatsachen der Wissenschaft in Beziehung und in Einklang setzt, daß sie auf ihre Probleme hört und sich ihre Zweifel und Fragen zu Eigen macht... (...) Die Grundgedanken, auf denen die Cartesische wie die Leibnizsche Philosophie sich aufbaut, weisen auf ihn zurück und entnehmen ihm den besten Teil ihrer Kraft. In der Vernunftkritik indessen wird diese dauernd lebendige Wechselbeziehung von einer neuen Seite her ergriffen und dargestellt. Denn nicht die Ergebnisse der Wissenschaften sind es, die sie aufnimmt und die sei zu einem systematischen Ganzen verwebt, sondern einzig auf ihr Verfahren bleibt ihr Blick gerichtet.“

Ernst Cassirer, Zur Beziehung zwischen Philosophie und exakter Wissenschaft, in: Ernst Cassirer, Nachgelassene Manuskripte und Texte, Hrsg. Jörg Fingerhut, Gerald Hartung, Rüdiger Kramme, Band 8, Meiner Verlag, Hamburg 2010, S. 17.

„Die Gestalten der reinen Geometrie entstehen im Anschauungsraum durch eine ,successive Synthesis der produktiven Einbildungskraft‘... Die Gegenstände der Erfahrung entstehen hinsichtlich ihrer räumlichen Erstreckung ebenfalls durch eine synthetische Einheit der Mannigfaltigkeit der Wahrnehmungen. Sie werden also auf die gleiche Weise erzeugt wie die geometrischen Figuren. (...) Die reine Geometrie kann daher im Prinzip auf die Gegenstände der Erfahrung angewandt werden. Man muß dazu nur diejenigen Konstruktionen, die den Gestalten der reinen Geometrie zugrunde liegen, im empirischen Raum ausführen. Daß das überhaupt möglich ist, ist im Prinzip der Axiome der Anschauung bewiesen. Wenn man auf diese Weise die Grundgebilde der euklidischen Geometrie (Geraden, Ebenen, Dreiecke, etc.) in den empirischen Raum übertragen hat, so gelten für die so konstruierten empirischen Größen die Sätze der euklidischen Geometrie, die man zunächst im Anschauungsraum gewonnen hat, mit voller Präzision.“

Peter Mittelstaedt, Philosophische Probleme der modernen Physik, Bibliographisches Institut, Mannheim 1981, S. 56.

„Am Anfang der Physik - als der Theorie sinnlich-erfahrbarer, physischer Phänomene - steht ein Paradox. Denn die spezifisch physikalische Betrachtung kann erst beginnen, wenn die sinnlich konkrete Vielfalt und Verschiedenartigkeit dieser Phänomene auf einen gemeinsamen Nenner und das heißt eigentlich zum Verschwinden gebracht wurden. Denn der gesetzliche Zusammenhang der inkompatiblen sinnlichen Erfahrungen des Schweren, Farbigen oder Heißen vermag erst sichtbar zu werden, wenn sie vergleichbar geworden sind. Der erste Schritt des verstehenden Tuns der Physik besteht daher in einer radikalen Homogenisierung, die die ungleichartigen Empfindungen in der Gleichartigkeit der Zahl zusammenfasst. Anders gesagt: die Physik mißt. Erst durch diesen spezifischen Akt der Messung wird jene Bestimmtheit geschaffen, in der etwas überhaupt zum Gegenstand für die Physik werden kann. Cassirer prägt einen eigenen Terminus für diesen signifikanten Initialvorgang. Er bezeichnet ihn als ,Transsubstantiation‘, da durch ihn die vermeintliche ,Substanz‘ der sinnlichen Phänomene ohne Rest in die reine Bezüglichkeit der Zahlenordnung übergeführt wird.“

Christiane Schmitz-Rigal, Die Kunst offenen Wissen, Ernst Cassirers Epistemologie und Deutung der modernen Physik, Meiner Verlag, Hamburg 2002, S. 196.

„Es ist nach Duhem pure erkenntnistheoretische Naivität, wenn man glaubt, auch nur einen einzigen Satz, der im Lehrgebäude der Physik auftritt, als einen Satz auffassen zu können, der etwas beschreibt, was Inhalt der unmittelbaren Beobachtung ist. (...) denn es gibt keine einzige faktische Feststellung, die nicht implizit eine prinzipielle Behauptung in sich schließt. Jedes Urteil über einen Einzelfall schließt, sofern es sich als physikalischen Satz gibt, schon ein ganzes System der Physik in sich. Es ist demnach nicht so, daß es gewissermaßen zwei Schichten der Physik gibt: daß auf der einen Seite die reinen Beobachtungen und die Messergebnisse, auf der anderen Seite die Theorien stehen, die sich auf ihnen aufbauen. Denn eine Beobachtung und Messung vor aller Theorie und unabhängig von diesen Voraussetzungen ist unmöglich.“

Ernst Cassirer, Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit, Band IV, Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1995 (1931), S. 118.

„Der quantenmechanische Indeterminismus kann in der Tat in einer weiterentwickelten Kantischen Transzendentalphilosophie verstanden werden. Und zwar lässt sich der klassische physikalische Determinismus, der ein indeterministisches Geschehen verneint, nur unter der Prämisse, dass der Satz der durchgängigen Bestimmung für Naturgegenstände Gültigkeit besitzt, aus dem allgemeinen transzendentalen Grundsatz der Kausalität herleiten. Der Satz der durchgängigen Bestimmung kann aber nicht als ein ontologischer Grundsatz für äußere Erscheinungen transzendentalphilosophisch begründet werden, so dass die weiterentwickelte  Transzendentalphilosophie Kantischer Prägung eine mögliche Verletzung dieses Satzes und damit als deren Konsequenz einen möglichen Indeterminismus im Naturgeschehen einräumen muss und verständlich machen kann. Folglich taugt die weiterentwickelte apriorische Erkenntnistheorie Kants nicht nur zur Grundlegung der klassischen, sondern auch der modernen Physik.“

Ingeborg Strohmeyer, Kantischer und moderner Apriorismus, Königshausen & Neumann Verlag, Würzburg 2014, S. 122.

"For Kant, finally, number belonged to the synthetic a priori categories of the mind. More generally, Kant stated that 'the ultimate truth of mathematics lies in the possibility that its concepts can be constructed by the human mind.' (...) The discoveries of the last few years in the psychology of mathematics brought new arguments to support the intuitionist view that neither Kant nor Poincaré could have known. These empirical results tend to confirm Poincaré's postulate that number belongs to the 'natural objects of thought,' the innate categories according to which we apprehend the world."

Stanislas Dehaene, The Number Sense, Oxford University Press, 2011, p. 226f.

„Alle Naturforschung hat als letztes Ziel die Einsicht in die Formen dieser kosmischen Gesetzmäßigkeit, soweit sie unserm in Raum und Zeit begrenzten Erkennen zugänglich sind; und jene über die subjektive Anerkennung hinausgehende absolute Geltung der mathematischen und der logischen Formen, unter denen sich die Inhalte der Erfahrung zu synthetischen Gebilden und in letzter Instanz zum Kosmos zusammenschließen, geben uns die Gewähr, daß wir es hierin mit einer Ordnung zu tun haben, die über die spezifisch menschliche Bestimmtheit der Vorstellungen hinausreicht und ihre gegenständliche Bedeutung zu völliger Realität steigert.

Wilhelm Windelband, Einleitung in die Philosophie, § 12, Tübingen 1920, S. 240.

„Die empirische Wirksamkeit der teleologischen Maxime findet sich in Kants eigner naturwissenschaftlicher Ansicht über die Geschichte des Lebens veranschaulicht. (...) Sie (die kritische Philosophie) frägt die Naturwissenschaft allein nach ihrer Ansicht über das Leben; den dabei im Subjekt entspringenden Zweckbegriff erklärt sie a priori. Wohl aber hat es für sie Interesse, die Fruchtbarkeit der von ihr gefundenen Maximen in den Fortschritten der empirischen Wissenschaften zu beobachten. In diesem Sinne betrachten wir den Grundgedanken der Darwin'schen Methode, und stellen die Ansicht auf, dass sich in derselben das durchgreifende und gesunde Wirken der kritisch-teleologischen Maxime erkennen lasse.

August Stadler, Kants Teleologie und ihre erkenntnisstheoretische Bedeutung, Berlin 1874, S. 140ff.

„Der Begriff der Wissenschaftsgeschichte selbst birgt in sich bereits jenen Gedanken der Erhaltung einer allgemein logischen Struktur in aller Aufeinanderfolge besonderer Begriffssysteme. In der Tat: wäre der frühere Inhalt des Denkens mit dem vorangehenden nicht durch irgendeine Identität verknüpft, so gäbe es nichts, was uns berechtigte, die verstreuten logischen Bruchstücke, die wir alsdann vor uns hätten, zu einer Reihe des Geschehens zusammenzufassen.

Ernst Cassirer, Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit, Band I, Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1995 (1922), S. 16.

Eine interessante, wenig bekannte Arbeit von Ernst Cassirer, welche eine Verbindung zwischen transzendentaler Erkenntnistheorie, mathematischer Gruppentheorie (nach Sophus Lie) und Gestalttheorie herstellt und auf die wissenschaftliche Wahrnehmungstheorie der Gegenwart vorausweist: 

Cassirer, Ernst: The Concept of Group and the Theory of Perception, Philosophy, Philosophy and Phenomenological Research, Vol. 5, No. 1, Sept. 1944.

http://wexler.free.fr/library/files/cassirer%20(1944)%20the%20concept%20of%20group%20and%20the%20theory%20of%20perception.pdf