Zwei Wege der Erkenntnistheorie (2002) Heinrich Rickert
Heinrich Rickert war das systematische Schulhaupt des südwestdeutschen Neukantianismus. Sein Aufsatz ‚Zwei Wege der Erkenntnistheorie. Transscendentalpsychologie und Transscendentallogik' erschien ursprünglich 1909 in den Kant-Studien (Rickert hat ihn dann von der dritten Auflage an in sein erkenntnistheoretisches Hauptwerk ,Der Gegenstand der Erkenntnis' eingearbeitet). Der Aufsatz ist in mehrfacher Hinsicht äußerst bedeutsam: In ihm wird paradigmatisch nicht nur Rickerts Auffassung der Erkenntnis sichtbar, zugleich zeigt sich, daß der Erkenntnis zwei Dimensionen eigen sind: eine objektive, geltungsnoematische, die Rickert hier die "transscendentallogische" nennt, und eine subjektive, geltungsnoetische, die Rickert hier die "transscendentalpsychologische" nennt. Die Erkenntnistheorie geht entsprechend "zwei Wege", um die Erkenntnis auf ihren Begriff zu bringen. Diese Doppelaspektigkeit der Erkenntnistheorie ist wegweisend für Rickerts Philosophie als solche; denn alle Sinnsphären - die Theoretische wie die Atheoretischen - charakterisieren sich durch eine Doppel-aspektigkeit von Objektivem und Subjektivem sowie durch das in den "Zwei Wegen der Erkenntnistheorie" anfänglich herausgearbeitete interne Verhältnis der beiden Aspekte bzw. Wege zueinander. Das Thema der ,Zwei Wege' bildet außerdem eine feste Größe grundlegender geltungstheoretischer Debatten innerhalb des südwestdeutschen Neukantianismus. Schließlich wird mit der von Rickert analysierten Abhängigkeit des subjektiven Weges vom objektiven Weg ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal des Neukantianismus von einer Vielzahl philosophischer Strömungen im 20. Jh. greifbar, die dem Subjektiven eine Primatstellung einräumen (vgl. zu Rickerts Zeit vor allem die Phänomenologie). So ist der Text insgesamt ein wichtiges Dokument für die philosophische Forschung wie für das philosophische Seminar." (Christian Krijnen) Der Autor Heinrich Rickert, geboren 25.05.1863 in Danzig, Promotion zum Dr. phil. bei W. Windelband in Straßburg 1888 (‚Zur Lehre von der Definition'), Habilitation in Freiburg 1891 (‚Der Gegenstand der Erkenntnis'), 1894 a. o. Professor für Philosophie in Freiburg, 1896 Ordinarius in Freiburg (Nachfolger von A. Riehl), 1915 Nachfolger von W. Windelband in Heidelberg, gestorben 25.07.1936 in Heidelberg. Königshausen & Neumann.
- Personen / Themen:
Südwestdeutsche Schule
Heinrich Rickert (1863 - 1936)